Demobericht vom 2017-12-09 - Demonstration gegen G20-Hausdurchsuchungen in Göttingen

Dies ist ein Bericht von der Demonstration vom 2017-12-09 in Göttingen, die als Reaktion auf die Hausdurchsuchungen zu Ermittlungen im Bezug zu G20-Protesten in Hamburg am 2017-12-05 stattfand. Der Bericht schildert meine persönliche Wahrnehmung der Demonstration.

Über den Waageplatz erreichte ich kurz vor 16 Uhr die Demonstration, die am Denkmal der Synagoge begann. An der Ecke Waageplatz/Obere-Masch-Straße waren geschätzt 40 Polizisten außerhalb der Demonstration anwesend.

Die Demonstration formierte sich folgendermaßen: An vorderster Stelle waren ca. 40 schwarz gekleidete Personen, welche sich vorne und seitlich mit Transparenten abschirmten und teilweise Schals vor Mund und Nase angezeogen hatten. Die Außentemperatur lag um den Gefrierpunkt und es gab teilweise Schneeregen. Hinter dem schwarzen Block folgte ein Lautsprecherwagen und der Rest der Demonstration, der vereinzelt rote Fahnen, Antifa-Fahnen oder andere Fahnen und Transparente zeigte. Insgesamt gehe ich von 200 bis 400 Teilnehmern aus.

Kurz nachdem die Demonstration startete, kam es in der Untere-Masch-Straße bereits zu einer Durchsage der Demonstrationsleitung an die Polizei. Es wurde unter anderem mitgeteilt, dass die Polizisten Sklaven des Systems seien und die Polizei sich aus der Demo entfernen sollte (Originalton: “Verpisst euch aus der Demo”). In der Goethe-Allee kam die Demonstration zum ersten mal für ca. 5 Minuten zum Stillstand, kurz nachdem im vorderen Teil der Demonstration rot leuchtende Pyrotechnik (1 Objekt, sehr hell) gezündet wurde. Von Seiten der Polizei wurde eine Durchsage gemacht, die im hinteren Teil der Demonstration leider nicht verständlich war. Auf den Stillstand folgten ein- bis zweimal weitere Aufrufe der Demonstrationsleitung an die Polzei, sich aus der Demonstration zu entfernen, in fast gleichlautendem vulgären und agressivem Ton wie zuvor. Kurz bevor die Demonstration weiterging, rief die Demoleitung der Polizei in agressivem Ton zu, dass die Demo jetzt weitergeht und dass es schön wäre, wenn die Polizei dann nicht mehr da wäre.

Es ging weiter über die Straßen Papendiek, Johannisstraße, Lange-Geismar-Straße, Jüdenstraße und Rote Straße. In der Roten Straße bzw. Jüdenstraße kam die Demonstration erneut zum stehen. Von Seiten der Demoleitung wurde nochmal in aggressivem Ton die Aufforderung an die Polizei gegeben, die Demo zu verlassen (Originalton: “Verpisst euch endlich!”). Als erneut Pyrotechnik gezündet wurde, forderte die Polizei in einer Durchsage darauf auf, das Zünden von Pyrotechnik zu unterlassen. Von Seiten der Demoleitung wurde dies mit einer sehr kurzen Durchsage beantwortet, die deutlich machte, dass die Durchsage der Polizei nicht ernstgenommen wurde. Da an dem Punkt die Stimmung innerhalb der Demo aggressiver wurde, entschloss ich mich, die Demo zu verlassen. Wenige Minuten, bevor ich die Demonstration verließ, wurden mehrere Taschen von hinten nach vorne weitergereicht. Über den Inhalt der Taschen konnte ich keine Beobachtungen machen.

Nach dem Verlassen der Demo machte ich einen Bogen über die Maurerstraße, sodass ich die stehende Demo überholte und das vordere Ende vom Vorplatz des Max-Planck-Gymnasiums beobachten konnte. Die Demo war etwa 100 Meter Luftlinie entfernt und für wenige Augenblicke war eine Rangelei am vorderen Ende der Demo zu erkennen. Aufgrund der Dunkelheit waren keine Details sichtbar. Die Demo setzte sich kurze Zeit später wieder in Bewegung, bog in die Lange-Geismar-Straße ein und hielt dort wieder an. Eine Durchsage der Demonstrationsleitung informierte die Teilnehmer, dass es zu einer Festnahme gekommen ist. Wie ich später erfuhr, wurde ein Ordner der Demonstration festgenommen. Wenige Minuten, nachdem die Polizei die Durchsage machte, dass der Demonstrationsweg frei sei und die Demo weiterlaufen könnte, löste die Demonstrationsleitung die Demonstration gegen 17:25 Uhr auf und rief dazu auf, den festgenommenen Kollegen zu holen.

Der vordere Teil der Demonstration verblieb in der Lange-Geismar-Straße. Eine Durchsage der Polizei rief dazu auf, einen Repräsentant zum Lautsprecherwagen der Polizei kommen zu lassen, um die Demonstration anzumelden. Von 17:29 Uhr an (16:29 Uhr UTC) blieben 3 Minuten hierfür. Nachdem mehr als 8 Minuten verstrichen waren, folgte eine neue Polizeidurchsage, dass kein Repräsentant geschickt wurde und den Demonstrationsteilnehmern gestattet wurde, eine begrenzte Demonstration in der Lange-Geismar-Straße abzuhalten. Diese durfte nur bis zur Hausnummer 4 gehen und war zeitlich auf eine halbe Stunde begrenzt, beginnend ab 17:35 Uhr. Der große Rest der vorangegangenen Demonstration war zu dem Zeitpunkt bereits im Aufbruch und verließ den Demonstrationsbereich der ursprünglichen Demonstration über mehrere Straßen.

Im mittleren bzw. hinteren Teil der Demonstration, in dem ich mich befand, konnte ich keine polizeilichen Eingriffe oder Festnahmen feststellen. Auch von Teilnehmern der Demonstration konnte ich von meiner Position aus keine Angriffe oder Vandalismus feststellen.